Der Klimakrise begegnen
Die Öko-Feldtage 2022 auf dem Gladbacherhof beschäftigen sich unter anderem mit den Themen Klimakrise und Klimaanpassung. Im Rahmen eines Klimaparcours zeigen verschiedene Stationen die Herausforderungen für die Landwirtschaft und mögliche Lösungsansätze. Was macht der Gladbacherhof als Lehr- und Versuchsbetrieb der Universität Gießen bereits jetzt , um in der täglichen Bewirtschaftung wie auch im Forschungsbetrieb das Thema Klima zu berücksichtigen? Johannes Eisert, Betriebsleiter des Gladbacherhofes, erklärt im Interview die Maßnahmen.
Habt ihr als Gemischtbetrieb in einer typischen Mittelgebirgsregion bereits unter den Folgen der Klimakrise zu leiden?
Johannes Eisert: Wir merken eindeutig, dass sich das Klima verändert. Die letzten Jahre sind auch an unserem Standort trockener und heißer geworden. nsere Wetterstation zeigt, dass die durchschnittlichen Niederschlagswerte von 650 mm in den vergangenen Jahren, mit Ausnahme von 2021, nicht mehr erreicht wurden. Besonders die Frühjahrstrockenheit trifft uns stark. Hinzu kommen die häufiger stattfindenden Starkregenereignisse, in den letzten acht Jahren drei- bis viermal in so heftigem Ausmaß, wie wir es vorher noch nicht erlebt hatten.
Was sind bereits jetzt eure Gegenmaßnahmen?
Eisert: Als Gemischtbetrieb haben wir die Möglichkeit, Verluste bei den Marktfrüchten durch Einnahmen aus dem Milchvieh, den Legehennen oder der Direktvermarktung aufzufangen. Eine weitere Risikostreuung erhalten wir durch eine vielfältige lange Fruchtfolge. Falls die Körnerleguminose beispielsweise durch Frühjahrstrockenheit ausfällt, fangen das andere Kulturen auf.
Als Milchviehbetrieb legen wir große Futtervorräte an. Deshalb mussten wir glücklicherweise auch in den Trockenjahren 2019 und 2020 kein Futter dazukaufen. Dann schauen wir im Pflanzenbau, dass wir hitze- und trockenheitstolerante Sorten verwenden und vermehrt auf Winter-Körnerleguminosen setzen, um das verfügbare Wasser im Winterhalbjahr besser zu nutzen. Im Feldversuchswesen bewässern wir auch, auf den Praxisschlägen bisher nicht. Das hängt einerseits mit der noch fehlenden Technik zusammen, andererseits befinden wir uns in einer Region mit bisher noch ausreichenden Niederschlägen. Hinzu kommt eine wasserschonende Bodenbearbeitung, dem als Saatgutbetrieb der Einsatz des Pfluges zur Feldhygiene entgegensteht.
Welche Forschungsprojekte auf eurem Hof befassen sich mit dem Thema Klima?
Eisert: Das sind aktuell vier Schwerpunkte. Einer ist das Mulchgemüse: Hier pflanzen wir Gemüse durch eine Mulchschicht, um Verdunstung zu minimieren und Wasser zu sparen.
Auf den neuen Agroforstflächen, untersuchen wir den Einfluss auf den Wasserhaushalt des Bodens und auf die Kulturen zwischen den Baumreihen. Der dritte Schwerpunkt ist das große LOEWE-Projekt Green Diary, bei dem wir prüfen welchen Einfluss eine extensiv bzw. intensiv gefütterte Milchviehherde auf den Ausstoß von Klimagasen hat. Und zu guter Letzt natürlich die Landessortenversuche, um die Eigenschaften bezüglich Trockenheits- und Hitzetoleranz herauszufiltern.
Ihr habt mit Unterstützung des Ökoaktionsplans des Landes Hessen zwei Agroforstflächen angelegt. Wie sehen die aus und könnten sie zukünftig auch eine größere Rolle auf dem Gladbacherhof spielen?
Eisert: Wir haben zwei verschiedene Systeme angelegt: Einmal stehen alle 18 Meter Baumreihen quer zum Hang, dazwischen bewirtschaften wir eine Ackerfläche mit unterschiedlichen Kulturen in der Fruchtfolge.
Beim zweiten System mit Dauergrünland werden die Auswirkungen auf die Weidefläche und auf die Tiere untersucht. Bieten die hier fischgrätmäßig angebauten Baumreihen beispielsweise genug Schatten für die Tiere bei Weidehaltung und können die Bäume auch zur Futterergänzung beitragen? Bei beiden Flächen handelt es sich um Obst-, Wert- und Energiehölzer. Priorität liegt dabei auf der Obstbaumnutzung. Jetzt müssen wir erst einmal die Ergebnisse der einzelnen Forschungsfragen abwarten, aber aus Sicht der Risikostreuung sowie der positiven Umweltleistungen kann ich mir durchaus vorstellen, dass Agroforstflächen auch bei uns in Zukunft eine größere Rolle spielen.