Themen-Special Agri-Photovoltaik

Dr. Andre­as Schwei­ger lei­tet das Fach­ge­biet Pflan­zen­öko­lo­gie an der Uni­ver­si­tät Hohen­heim. Im Rah­men des For­schungs­pro­jek­tes „Syn­er­ge­ti­sche Inte­gra­ti­on der Pho­to­vol­ta­ik in die Land­wirt­schaft als Bei­trag zu einer erfolg­rei­chen Ener­gie­wen­de“ (Syn­A­gri-PV) erforscht er Ein­flüs­se der Agri-Pho­to­vol­ta­ik auf die Erträ­ge und Ertrags­qua­li­tä­ten von Nutz­pflan­zen. Ver­suchs­stand­ort ist die Hof­ge­mein­schaft Heg­gel­bach, ein Deme­ter Betrieb am Boden­see, der eine hoch­auf­ge­stän­der­te Agri-Pho­to­vol­ta­ik mit einer Flä­che von 0,3 Hekt­ar betreibt.  Schwei­ger berich­tet im Inter­view, wie der Stand der For­schung aus­sieht. Er wird gemein­sam mit Flo­ri­an Rey­er von der Hof­ge­mein­schaft auf den Öko-Feld­ta­gen von sei­nen Erfah­run­gen berichten.

Seit 2017 unter­su­chen Sie die Effek­te der Pho­to­vol­ta­ik-Anla­ge in Heg­gel­bach auf Erträ­ge unter­schied­li­cher Kul­tu­ren wie Win­ter­wei­zen, Kar­tof­fel oder Sel­le­rie. Was sagen Ihre bis­he­ri­gen Daten aus?
Andre­as Schwei­ger: Bei aus­rei­chen­den Nie­der­schlä­gen waren die Erträ­ge der Kul­tu­ren unter der Anla­ge nied­ri­ger. Beson­ders Wei­zen reagier­te hier emp­find­li­cher als Kar­tof­fel oder Sel­le­rie. In Jah­ren mit anhal­ten­der Tro­cken­heit waren die Pflan­zen unter der Anla­ge jedoch pro­duk­ti­ver als in den Frei­flä­chen. Auch hier pro­fi­tier­ten Sel­le­rie und Kar­tof­fel stär­ker als der Win­ter­wei­zen. Es scheint also, dass die Pho­to­vol­ta­ik­an­la­ge die Resi­li­enz der Kul­tu­ren gegen­über Extre­men fördert.

Wel­che Fak­to­ren sind aus­schlag­ge­bend für die­se Unterschiede?
Schwei­ger: Die licht­un­durch­läs­si­gen Modu­le beein­flus­sen die Licht­ver­füg­bar­keit auf der Flä­che. Das beein­träch­tigt die Pflan­zen in ihrer Pho­to­syn­the­se und wirkt sich gera­de dann nega­tiv auf die Pro­duk­ti­vi­tät aus, wenn genug Was­ser zur Ver­fü­gung steht. Da die Beschat­tung aber auch zu weni­ger Ver­duns­tung führt und somit Pflan­zen weni­ger tro­cken­ge­stresst sind, erge­ben sich dar­aus in Tro­cken­pe­ri­oden wie­der­um posi­ti­ve Effek­te für die Produktivität.

Hal­ten Sie eine Inte­gra­ti­on von Pho­to­vol­ta­ik in die land­wirt­schaft­lich genutz­te Flä­che nach aktu­el­lem Wis­sens­stand für sinn­voll?
Schwei­ger: Ja, schon allein des­halb, weil die Agri­pho­to­vol­ta­ik ein Bei­trag zur Unab­hän­gig­keit von fos­si­len Ener­gie­trä­gern sein kann. Zudem kann sie die Land­wirt­schaft resi­li­en­ter machen, indem sie die Effek­te von Extrem­jah­ren abmil­dert und gleich­zei­tig Ener­gie erzeugt. Klar, die Bewirt­schaf­tung wird durch die Pho­to­vol­ta­ik anspruchs­vol­ler, aber hier gibt es zuneh­mend Erfah­rungs­wer­te von Prak­ti­ke­rin­nen und Praktikern.

Wel­che Kul­tu­ren sind für einen Anbau unter den Anla­gen beson­ders geeignet?
Schwei­ger: Grund­sätz­lich sind Kul­tu­ren beson­ders gut geeig­net, die sen­si­tiv gegen­über Tro­cken­heit und gleich­zei­tig schat­ten­to­le­rant sind. Hier wären etwa Kern- oder Bee­ren­obst zu nen­nen, aber damit macht man natür­lich nicht so viel Flä­che wie für einen groß­flä­chi­gen Aus­bau von erneu­er­ba­rer Ener­gie­er­zeu­gung not­wen­dig sein wird. Es ist auch sehr abhän­gig vom Stand­ort und von kli­ma­ti­schen Bedin­gun­gen. Die künf­tig ver­mehrt zu erwar­ten­den Wet­ter­ex­tre­me machen die Anla­gen für diver­se Kul­tu­ren inter­es­sant. Da kann im Extrem­fall sogar Mais von den Effek­ten der Anla­ge profitieren.

Die Öko-Feld­ta­ge 2023 grei­fen das The­ma Agri-Pho­to­vol­ta­ik in einer gro­ßen Son­der­flä­che auf. Das Minis­te­ri­um für Ernäh­rung, länd­li­chen Raum und Ver­brau­cher­schutz Baden-Würt­tem­berg (MLR) prä­sen­tiert zusam­men mit dem Fraun­ho­fer Insti­tut für Sola­re Ener­gie­sys­te­me (ISE), der Uni­ver­si­tät Hohen­heim und wei­te­ren Lan­des­an­stal­ten auf 200 Qua­drat­me­tern Erfah­run­gen aus den Pro­jek­ten in Baden-Würt­tem­berg. Besu­che­rin­nen und Besu­cher kön­nen sich über die For­schungs­ar­beit und bis­he­ri­ge Ergeb­nis­se infor­mie­ren. Anhand einer Modell­an­la­ge des MLR wer­den zudem pflan­zen­bau­li­che, betriebs­wirt­schaft­li­che und bau­recht­li­che Aspek­te der Agri­pho­to­vol­ta­ik ver­an­schau­licht. Auf wei­te­ren etwa 400 Qua­drat­me­tern prä­sen­tie­ren ver­schie­de­ne Unter­neh­men ihre Agri-Ppho­to­vol­ta­ik­an­la­gen. Besu­che­rin­nen und Besu­cher kön­nen sich so auch über bereits am Markt erhält­li­che Tech­nik informieren.

Dr. Andre­as Schwei­ger ist Juni­or-Pro­fes­sor und seit 2020 Lei­ter des Fach­ge­biets Pflan­zen­öko­lo­gie an der Uni­ver­si­tät Hohen­heim. Er hat Umwelt­in­ge­nieur­we­sen (Dipl. Ing.) und Bio­di­ver­si­tät und Öko­lo­gie (M. Sc.) stu­diert und pro­mo­vier­te am Lehr­stuhl für Bio­geo­gra­fie der Uni­ver­si­tät Bay­reuth. Sei­ne For­schungs­schwer­punk­te lie­gen in der Unter­su­chung von Pflan­zen­re­ak­tio­nen auf Umwelt­ver­än­de­run­gen. Foto: Uni­ver­si­tät Hohenheim.

Die Pro­duk­ti­on von Lebens­mit­teln und Strom auf einer Flä­che kann Res­sour­cen spa­ren. Foto: Fraun­ho­fer ISE